
Wie Dove, Getty Images und Girl Gaze eine gemeinsame kommerzielle Bilddatenbank rund um echte Frauen ins Leben gerufen haben
Vor kurzem haben sich Dove, Getty Images und Girl Gaze zusammengetan, um mit dem Projekt #ShowUs die weltweit erste inklusive Bildsammlung von Frauen herauszubringen, die mit der stereotypen Darstellung von Schönheit brechen soll. An die 900 Unternehmen auf der ganzen Welt haben diese Plattform für sich genutzt, das Projekt aber auf die Beine zu stellen hatte auch seine Tücken.
„Wir legen großen Wert darauf, dass unsere Arbeit nicht oberflächlich ist“, so Sophie Galvani, Global Vice President bei Dove.
Sophie Galvani sitzt beim Cannes Lions Festival neben Rebecca Swift, Senior Director of Creative Insights von Getty Images, und ist ganz aufgeregt, als sie herausfindet, dass die Kampagne einen Silbernen Löwen in der Kategorie Glass Lions gewonnen hat. Gleichzeitig besteht sie darauf, dass die Arbeit, die in den letzten 18 Monaten in dieses Projekt geflossen ist, nicht nur dazu da war, um Preise zu gewinnen.
„Bei Dove nennen wir so etwas ‚eine Markenparty‘ – also wenn man etwas macht, dessen Gestaltung nicht von heute auf morgen getan ist“, erklärt sie.
Das Projekt ShowUs besteht aus einer Sammlung von über 5.000 Bildern von Frauen, die von Fotografinnen aus dem Girl Gaze Netzwerk aufgenommen und nicht nachbearbeitet wurden. Diese Bilder können gegen Gebühr von jeder Marke in Werbekampagnen genutzt werden.
Die Idee stammte urprünglich von John Antoniello, VP Senior Group Creative Director bei Publicis Sapient, der nach New York flog, um Dove die Idee zu präsentieren.
„Ich weiß noch genau, wie er eingeflogen kam und uns die Idee präsentierte und er hatte diesen großen Stapel an Ideen dabei und wir sagten, ‚Wir werden das direkt umsetzen‘ – weil wir verstanden hatten, wie groß diese Idee war und wie wegweisend sie sein würde“, erinnert sich Sophie Galvani.
„Aber wir wussten, dass wir bei Dove die Umsetzung nicht alleine schaffen würden. Wir hatten nicht so viele Fotografinnen wie Girl Gaze, um die Bilder aufzunehmen. Und wir hatten keine Plattform wie Getty Images, auf die wir die Bilder hätten setzen können. Wir wussten, dass Getty Images über eine der größten Plattformen für den Vertrieb von Bildern verfügt. Somit hatten wir den perfekten Partner gefunden.“
Nach dieser positiven Rückmeldung kontaktierte John Antoniello Getty Images und die Gründerin von Girl Gaze Amanda de Cadanet, um beide für das Projekt zu gewinnen.
„Wir waren sofort dabei – da mussten wir nicht lange überlegen“, so Rebecca Swift. „John traf zunächst unseren Chief Executive [Dawn Airey]. Nach diesem Meeting kamen sie auf mich zu und fragten mich, was ich von der Idee hielt. Da ich ohnehin so etwas im Sinn hatte und die Fotobranche als solche ja bekanntermaßen zu wenig Frauen repräsentiert, rannten sie bei mir offene Türen ein. Ich wusste das, weil ich schon lange dabei bin, und ich wusste auch, dass Authentizität, Realismus und all diese Begriffe, die in diesem Zusammenhang genannt werden, für unsere Kunden weltweit ein Thema waren. Es schien wirklich die perfekte Zusammenarbeit zu sein.“
Hürden überwinden
Aber es gab auch einige Herausforderungen, die gemeistert werden mussten. Darunter auch der Einkauf von Unilever, der zunächst von der Idee überzeugt werden musste.
„Wir mussten 13 Verträge unterzeichnen, um das Projekt mit allen beteiligten Parteien umsetzen zu können. Nutzungsrechte, sicherstellen, dass wir die Fotografinnen im Hinblick auf deren Honorare korrekt bezahlen, und was passiert, wenn jemand wie Coca-Cola kommt und eines der Bilder in einer Kampagne nutzt, was sie natürlich tun können – wir mussten sicherstellen, dass jeder gerecht bezahlt wird. Das alles war mit einem unglaublich hohen Arbeitsaufwand im Hintergrund verbunden“, so Sophie Galvani.
„Getty Images hat uns wirklich gut dabei unterstützt, die zentralen Suchbegriffe für Stockbilder in Indien oder China zu finden. Es macht keinen Sinn, eine Bilddatenbank zu erstellen, die niemand nutzen will. Deshalb mussten wir sicherstellen, dass sie auch kommerziellen Interessen genügte … sie musste funktionieren. Wir mussten etwas auf die Beine stellen, das Bilder enthielt, nach denen Menschen suchten und die sie kaufen würden.“
Rebecca Swift macht auch deutlich, wie sich die Einstellung der Fotografinnen ändern musste, die für die Shootings engagiert wurden:
„Sie mussten darüber nachdenken, wie sie Interaktionen hervorrufen konnten. Und sie mussten konzeptionell über das nachdenken, was sie fotografierten. Viele Frauen von Girl Gaze verfolgten bei ihren Arbeiten einen journalistischen Ansatz. Sie auf Werbung und Markenfotografie auszurichten war ziemlich viel Arbeit für uns. Anschließend mussten wir 39 Briefings für 39 Länder formulieren und diese in die verschiedenen Sprachen übersetzen – es war eine gewaltige Unternehmung.“
Wir mussten auch die unterschiedlichen Schönheitsstereotypen in den verschiedenen Ländern erfassen, darunter Marokko und Nigeria. Dazu führten wir Gespräche mit 116 Fotografen, um herauszufinden, wie gelernte Bildklischees neu ausgerichtet werden konnten. Dazu gehörte auch, lokale Suchbegriffe zu erlernen und für jedes Shooting die richtige Fotografin auszuwählen.
Die Logistik hinter der Geheimhaltung von Projekt #ShowUs
Sophie Galvani erzählt, dass die Umsetzung der Bilddatenbank bei Dove intern unter dem Namen „Projekt Djuna“ lief, benannt nach der Schriftstellerin und Künstlerin Djuna Barnes, da Getty Images auch mit einem Wettbewerber arbeitete. „Da war viel Bewegung in der Branche, in der ein Fotograf beispielsweise auch für Gillette arbeitet. Wir konnten also keinem von unserem Vorhaben erzählen, nicht, weil jemand absichtlich etwas gesagt hätte, es hätte ihm aber vielleicht etwas rausrutschen können.“
Girl Gaze musste auch eine Job-Plattform aufsetzen, um lokale Fotografinnen aus der ganzen Welt zu finden. Diese gibt es auch nach dem Launch noch immer und sie wird von der Organisation weiter genutzt.
Nach über einem Jahr wurde das Projekt (im April) gelauncht: Über 5.000 Bilder von mehr als 3.000 Frauen, die sich dafür gemeldet hatten, konnten nun in den Vertrieb gehen. Damals entschied man sich für eine bezahlte Nutzung anstatt die Bilder kostenfrei zur Verfügung zu stellen, um die Fotografinnen fair bezahlen zu können.
„Wir beschlossen, dass man für die Bilder bezahlen sollte, da diese einen gewissen Marktwert haben. Wir hätten sie nicht einfach so kostenfrei verschenken können. Die Fotografinnen mussten ordentlich bezahlt werden. Die Frauen mussten bezahlt werden, was sie davor nicht wurden. Wir wollten das Projekt auf die Straße bringen, aber es sollte eigennützig und ein Geschäftsmodell sein“, so Sophie Galvani.
„Unser Beitrag dazu trägt zu einem dauerhaften Bestand des Projekts bei, da wir die Einnahmen wieder an die Foto-Community zurückgeben, damit wir das Projekt am Laufen halten“, fügt Rebecca Swift hinzu.
Nach zwei Monaten wurden über 7.250 Bilder in 40 Märkten und von mehr als 900 Unternehmen über die Bilddatenbank heruntergeladen, wobei zu einem späteren Zeitpunkt noch mehr Bilder zur Verfügung stehen sollten.
Entscheidung für Purpose
Bei den diesjährigen Cannes Lions wurde das Thema Markenpurpose häufig diskutiert, nicht zuletzt von Alan Jope, Chief Executive von Unilever, der die gekünstelte Diskussion von Unternehmen ansprach, deren Produkte eine scheinbar größere Nachfrage hätten. Er bezeichnete diese Behauptung als „Woke Washing“.
Sophie Galbani erklärt im Zusammenhang mit diesem von ihrem Chef geprägten Begriff, wie Dove seinen eigenen Purpose misst, das Selbstwertgefühl von Frauen zu stärken. Dove begann mit diesem Vorhaben vor 15 Jahren und kooperiert mit der University of the West of England, um die Arbeit zu dokumentieren.
„Es ist uns wirklich wichtig, dass unsere Arbeit nicht oberflächlich ist Wir haben 35 Millionen Mädchen Selbstwertgefühl und ein positives Körpergefühl vermittelt, was von PwC extern überprüft wird, um sicherzustellen, dass dies auch der Fall ist und wir damit eine positive Wirkung erzielen“, fährt sie fort. Sie fügt hinzu, dass sie in Zusammenarbeit mit Unicef auch Länder wie Brasilien, Indien und Indonesien ins Visier nehmen, um 10 Millionen junge Frauen via Online-Kommunikation zu erreichen und deren Selbstwertgefühl zu steigern.
„Wir nehmen das wirklich ernst“, fügt sie hinzu, bevor sie näher ausführt, wie frustrierend es für Dove ist, dass die Initiative so wenig Bewusstsein erzeugt.
„Man weiß sofort, woran man die Marke ausrichten soll“, erwidert sie auf die Frage, woher das Unternehmen wisse, mit welchen Initiativen sich das Unternehmen zusammentun solle.
„Unsere Herausforderung besteht darin, allen Frauen eine positive Einstellung zu Schönheit nahezubringen – eine der Aufgaben der Marke in diesem Zusammenhang besteht darin, die nachfolgende Generation dabei zu unterstützen, mit einer positiven Einstellung zu ihrem Aussehen aufzuwachsen. Natürlich wollen wir sicherstellen, dass das für Frauen auch zur Realität wird. Seit 60 Jahren zeigen wir unterschiedlichste Frauen in unseren Kampagnen und die ‚Kampagne für wahre Schönheit‘ läuft nun bereits seit 15 Jahren; dieses Projekt kam einfach so auf uns zu und hat es wirklich in sich.
„Es ist eine Sache zu sagen, dass Dove diverse Frauen in den Kampagnen abbildet – was toll ist – aber wir wollen, dass jeder das tut. Als wir von dem Projekt erfuhren, wussten wir, dass dies eine viel größere Ressource für jeden darstellt und wir damit den Kern des Problems erfassen. Denn wenn Coca-Cola, Gillette, Nike, die Daily Mail oder Hearst Magazines diverses Bildmaterial nutzen wollen, müssen sie sich an Bildagenturen wenden und wir wollen sicherstellen, dass diese möglichst divers sind, damit unsere Vision auch wahr wird. Wir wussten, dass dies einen systemischen Wandel darstellte.“
Eine Vielzahl an großen Unternehmen haben zugesagt, das Projekt #ShowUs zu unterstützen: Spotify, Colgate, Mastercard, CBS, National Basketball Association, CSM LeadDog, Merkle, Vidcom, Alma DDB, Sprinklr, Mindshare, News Corp, Ogilvy, Droga5, New York Times, IPG, Danone, You & Mr Jones, Wunderman Thompson, Diagio, The Martin Agency, Esprit, 29 Horas, DDB, Diageo und Publicis Sapient.
Wenn Sie einen inklusiveren Blick auf das Thema Schönheit werfen wollen, erkunden Sie die gesamte Projekt #ShowUs Kollektion.
Dieser Artikel wurde von Stephen Lepitak von The Drum verfasst und über das Verlagsnetzwerk NewsCred rechtmäßig lizenziert. Bei Fragen zur Lizenzierung wenden Sie sich bitte an legal@newscred.com.